Immobilien in unserer Nachbarschaft – Altes bewahren und Neues entwickeln

Vor vielen Jahren habe ich auf einer Auktion eine Reihe von Schwarz-weiß Bildern aus den Jahren 1889-1920 erworben. Die Bilder zeigen allesamt Gebäude unseres direkten Umfeldes unseres Bürostandortes am Maximiliansplatz 12a. Zusehen ist auch das Originalgebäude unserer Hausnummer 12 mit angrenzenden Luitpoldbock, das Hotel Bellevue, das Cafe Imperial (später Pini Haus genannt), der Münchner Bahnhof, das Lehnbachhaus. Die Aufnahmen machen deutlich wie schön und repräsentativ München vor den Bombenangriffen des 2. Weltkrieges war.
Ganz besonders erfreut hat mich die Enthüllung meines absoluten Lieblingsgebäudes in direkter Nachbarschaft. Pünktlich zum 175. bestehen der IKH ist das Stammhaus wieder bezogen worden.

Fast 7 Jahre lang waren die beiden Gebäude einer umfassenden Sanierung unterzogen worden und fast zur Gänze verhüllt gewesen. Beide Gebäude unterliegen dem Denkmalschutz, eine Sanierung der obersten Schwierigkeitskategorie im Bereich Tragfähigkeit, Brandschutz und Bauphysik galt es zu bewältigen. Ein Teil des Gebäudes steht zudem auf einem Bodendenkmal, den alten Wallanlagen der Stadt München. So hat das Ganze doch etwas mehr Zeit gebraucht als ursprünglich erhofft, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Aber das Stammhaus der IHK besteht aus zwei Gebäuden die erst später zu einem verbunden worden sind. Auf dem Weg zu meiner Garage komme ich täglich an beiden Gebäuden vorbei, besonders angetan hat es mir das ganz mit überschwänglichen Verzierungen ausgestattet und in den Farben des Jugendstil errichtete Gebäude der Neuen Börse.

Es wurde im Jahre 1901 nach den Plänen von Friedrich von Thiersch seiner Bestimmung als „Haus des Handel“ und als erstes Börsengebäude in München am Maximiliansplatz 8 von der IHK und der Börse bezogen. Im Erdgeschoss hatte sich das „Wiener Café & Restaurant“ befunden, an der Stirnseite des Gebäudes konnte man den schattigen Gastgarten genießen und die Flanierenden auf dem Maximiliansplatz im Auge behalten. Im Jahre 1842 unterzeichnete König Ludwig I von Bayern die „ allerhöchste Verordnung die Einführung der Handelskammern betreffend“. Da die Kammer einen erheblichen Platzbedarf hatte wurde im Jahre 1898 das Grundstück am Maximiliansplatz für den Neubau angekauft.

Das zweite Gebäude wurde im Jahre 1911 für den jüdischen Antiquitätenhändler A.S. Drey im Stil der Neorenaissance als prächtiger Privatbau als Wohn- und Geschäftshauses seiner Zeit von Gabriel von Seidl errichtet.
Beide Gebäude sind zwar fast zeitgleich entstanden, haben aber zwei völlig unterschiedliche Baustile.

Für den Betrachter des Ensembles stellt sich die Frage, ob Gabriel von Seidl neben dem lieblichen Prachtbau mit der floralen Ornamentik des Jugendstil von Friedrich von Thiersch bewusst die strengen und klaren Linien des ausgehenden Historismus für das Gebäude Max-Joseph-Straße 2 für seinen Bauherrn A.S. Drey gewählt hat. Im Jahre 1935 verkaufen die Inhaber Drey und Stern nach der Machtergreifung den Prachtbau an die Industrie- und Handelskammer.
Beide Gebäude wurden 1944 durch Bomben schwer beschädigt, erst im Jahre 1950 konnte die IHK zurück in die Gebäude ziehen. Nach der so dringend nötigen Sanierung strahlen diese beiden Gebäude, jedes auf seine Art wieder in vollendeter Schönheit um die Gunst seiner Betrachter.
Ohne Zweifel stellen beiden Fassaden einen besonders schönen Blickfang in bester Münchener Innenstadtlage dar.

Nur einen Steinwurf entfernt steht der Münchner Justizpalast. Auch dieser Prachtbau wurde nach den Entwürfen von Friedrich von Thiersch errichtet und 1897 seiner Bestimmung übergeben. Genau gegenüber liegt eines der Wahrzeichen von München das Rondell am Stachus, es wurde im Jahre 1900 nach den Entwürfen von Gabriel von Seidl errichtet.
Seit Gründung der Stadt haben sich hier die Wallanlagen und das Stadttor befunden.
Die beiden Star-Architekten Gabriel von Seidl und Friedrich von Thiersch berücksichtigten bei den Neubauten auch die Sichtachsen mit Durchblick zum Bahnhof, die Kursfürst Karl Theodor bereits im Jahre 1791 ausarbeiten lies. Die damals unruhigen Zeiten ermöglichten ihm aber nicht die Sichtachsen umzusetzen.

Und in genau an dieser Sichtachse hat in diesem Jahr im Mai der wohl meistbeachteste Abriss eines Gebäudes in München seinen Lauf genommen.
Das Hotel Königshof machte erst Ausverkauf des Inventars und wurde dann abgerissen. Auf unseren Aufnahmen aus den Jahren um 1900 ist das „Hotel Bellevue“ als prächtiger Bau zu sehen, die Tramgleise führen ein Stück weiter zum Stachus vor. Derzeit klafft noch ein großes Loch, aber es wird schon fleißig bebaut am neunen „Hotel Königshof by Geisel“ das im Jahr 2021 fertig sein soll. Auf der website des Hotels gibt es eine Animation des Neubaues und eine Live Kamera zum Baufortschritt zu sehen. Den Entwurf für den Neubau des postmodernen Hotelgebäudes liefern die spanischen Stararchitekten Enrique Sobejano und Fuensanta Nieto. Ein neues Luxushotel, das sich als Familienbetrieb  sowohl der Tradition als auch der Exklusivität verpflichtet fühlt, wird neu erbaut. Die einzigartig moderne Fassade öffnet sich zum Rondell am Stachus , alt bewährtes und modernes stehen sich gegenüber, beide Gebäude mit einer Öffnung in der Mitte und daneben der Justizpalast. Die Fassade in graziler Leichtigkeit setzt ganz neue Akzentente der städtebaulichen Entwicklung in prominenter Innenstadtlage.
Der Wiedereröffnung sehen wir großen Erwartungen entgegen.

Eine neue Form der Sichtachse zum Hauptbahnhof, fast als könnte man durch das dahinterliegende Gebäude schon einen flüchtigen Blick auf den neuen Münchner Bahnhof erhaschen. Als Zweckbau der Nachkriegszeit hat er nie versucht mit dem monumentalen Bau mit seiner großen fast freitragenden Halle des von Friedrich Bürklein entworfenen Centralbahnhofes aus dem Jahre 1885 in Konkurrenz zu treten. Bürkleins Bahnhof glich eher einem Kirchenbau mit einer Reihe von Arkandengängen.
Ein Teil des sogenannten Krupp-Daches, welches in den 1960 Jahre erbaut wurde, ist ebenfalls freitragend und steht unter Denkmalschutz.

Nun wurde der in die Jahre gekommen Münchner Bahnhof größtenteils abgerissen, mit weniger Aufmerksamkeit, aber mit erheblichen technischen Aufwand. Für den Bau der 2. Stammstrecke buddelt sich eine Schlitzwandfräse fast 60 Meter tief in den Münchner Untergrund. Als erstes soll ein gut 69 Meter hoher Büroturm errichtet werden. Ein Teil des alten Bahnhofes wird erhalten und in den oberen Stockwerken überbaut werden.

Das Alpenpanorama der Empfangshalle wurde abgebaut und eingelagert und soll wieder zum Einsatz kommen. Auch Bahnhöfe werden von Stararchitekten entworfen, den Wettbewerb für den Münchner Bahnhof hat bereits vor 20 Jahren das Architekturbüro Auer Weber gewonnen, aber natürlich musste diese Planung laufend an die neuen Anforderungen des Bauen und des Reisens angepasst werden. Und ein Bahnhof ist ja immer auch ein Politikum bei dem es allerhand Entscheidungsträger gibt.
Kann so ein moderner Bahnhof die großen Gefühle wie Heimkommen, Abschied nehmen, in Erinnerungen schwelgen und mit Taschentüchern winken in uns wachrufen ? Oder wird er in der Hauptsache eine wirtschaftliche Immobilie sein, die Reisenden in Windeseile ermöglichen wird mit allen nur erdenklichen technischen Komfort von  A nach B zu kommen ?

Ich denke gerne an eine Eisenbahnfahrt durch die Slowakei, der einfache Speisewagen war ganz hinten angehängt, der Duft von Hollunder ist durch die offenen Fenster gekommen und man konnte dem Koch das Schnitzel klopfen hören und ihm beim Kochen zusehen. Unter uns das monotone Geräusche der Schiene und auf dem Teller das leckerste Schnitzel. Wie gut, dass wir unsere Erinnerungen haben.

Zwei Star-Architekten und eine Reihe von Stadtbaumeistern prägten in den Jahren ab 1900 in ganz erheblichen Umfang das städtebauliche Ansehen der Stadt München.

Nun sind eine Reihe neuer Star-Architekten aus der ganzen Welt gekommen um München neu zu „performen“ und neue Wahrzeichen zu errichten, wir sind gespannt !

Bild um 1900 mit Cafe Imperial, Hotel Bellevue und Blick zum Centralbahnhof